Ein Beitrag von Christian Schultz, Geschäftsführer der Diakonie Stiftung Salem in Minden.
Dabei geht es um die Frage, wie Menschen im Alter (heute und in Zukunft) leben möchten, welche Versorgungsstrukturen brauchen wir dafür und welche Chancen/Risiken sind mit den einzelnen Lösungen verbunden.
Zunächst einmal ist festzuhalten, dass es nicht „die eine“ richtige Lebensform geben kann.Denn Menschen und Ihre ihre spezifischen Bedürfnisse und Möglichkeiten sind individuell verschieden. Diese individuellen Anforderungen brauchen eine anbieterseitige Entsprechung im Sinne eines breiten Angebotsportfolios. Zum einen, um eine „präventive vor ambulanter vor stationärer“ Versorgung zu ermöglichen. Zum anderen um alle diese Versorgungsformen in ausreichender Zahl vorhalten zu können. Denn aufgrund dieser Prämisse und der demografischen Entwicklung sollte klar sein, dass diese Vielfalt gebraucht wird.
So sollte zum einen die Versorgung im Quartier integriert werden. „Heime“ und andere, ähnliche Strukturen der Versorgung sollen wirkliche (Er-)Lebensorte sein. Insbesondere gehört dazu die Integration in den (gewohnten) Sozialraum. Die Weiterentwicklung pflegerischer Strukturen muss daher zwingend moderne Versorgungskonzepte mit Konzepten der Quartiersentwicklung verbinden! Siehe dazu auch Teil 1 und Teil 2 zu diesem Thema.
Die Chancen dieser Konzepte für die Versorgung im Alter:
⦁ Die Frage nach zukunftsfähigen Versorgungsformen für Menschen im Alter (mit Behinderungen etc.) wird DIE gesellschaftliche Herausforderung schlechthin.
⦁ Anbieter können/sollten zu innovativen Mitgestaltern einer integrativen Stadtentwicklung werden.
⦁ Partnerschaftliche Zusammenarbeit mit der Kommunalpolitik
⦁ und Vernetzung eigener Angebote mit vorhandenen Strukturen.
⦁ „Tourenpläne“ ambulant erbrachter Pflegeleistungen können individueller gestaltet und an die jeweiligen Bedarfe angepasst werden
⦁ Bewohner fühlen sich „außerhalb der Pflege“ anders („ganzheitlich“) wahrgenommen
⦁ Organisation passt sich dem Menschen an – nicht umgekehrt!
⦁ Teilzeitarbeitsmodelle können deutlich flexibler angeboten werden – ein Plus für die Mitarbeiter und die Arbeitgeber (verbesserte Mitarbeiterbindung, weniger Fluktuation)
Die Risiken dieser Konzepte:
⦁ Sozialräumliche Gestaltung (ambulantisierter) Angebote muss in einen gesamtgesellschaftlichen Prozess eingebunden sein.
⦁ Der „normative Einrichtungs-Klassifikations-Dogmatismus“ verhindert eine flexible Anpassung von Wohn- und Lebensangeboten an die individuellen Anforderungen der Nutzer/innen.
⦁ Das Beharren an überkommenen (beruflichen) Aufgabenzuschreibungen („Reduzierung des Berufsbildes Pflege“) blockiert die erforderliche Flexibilität.
Christian Schultz ist Kaufmännischer Vorstand der Diakonie Stiftung Salem. Er war zuletzt Geschäftsführer und Heimleiter der Bürgerheim Biberach gGmbH in Biberach an der Riss und dort unter anderem verantwortlich für selbständiges Wohnen im eigenen Apartment im Alter, ambulante und stationäre Pflege, Betreuung von Menschen mit Demenz, Tagespflege, die Entwicklung und Umsetzung des Hausgemeinschaftskonzepts „Individuell leben in Wohngruppen“, Ambulantisierung der stationären Pflege, Essen auf Rädern, Bauprojektplanung, -begleitung und -überwachung sowie Pflegesatzverhandlungen.