Personalmangel, vor allem in der Altenpflege

Corona hat uns einerseits gezeigt, wie wertvoll das Gesundheitswesen ist. Zum anderen hat es wieder einmal Missstände in der Pflege offengelegt: Es herrscht seit Jahren Personalmangel, vor allem in der Altenpflege. Die Frage, die sich viele Pflegekräfte stellen, ist, wie sie mit personellen Engpässen umgehen sollen. Pflege-Today hat sich umgehört:

Offen kommunizieren

Heike Schopf, stellvertretende Pflegedienstleiterin (PDL) im Seniorenzentrum Bethel in Welzheim, sieht die Priorität in einer guten Verständigung. „Das A und O ist eine offene Kommunikation zum Vorgesetzten“, erklärt sie. Wenn Fachkräfte Bedürfnisse und Überlastung verschweigen, kommt Unfrieden auf und der führt zu Frust am Arbeitsplatz.


Heike Schopf, stellvertretende Pflegedienstleiterin (PDL) im Seniorenzentrum Bethel

Gute Kommunikation kann dem entgegenwirken. Daher ist es sehr wichtig, Gehör bei Vorgesetzten oder Personalleitung zu finden. Überlastung etwa, sei kein persönliches Problem, sondern vom Kollektiv zu tragen. „Das darf und soll klar angesprochen werden, damit das Team nach Lösungen suchen kann“, meint Schopf.

Selbst aktiv werden

Außerdem sollen Pflegekräfte mutig sein und Vorschläge einbringen, die Vorgesetzte vielleicht gar nicht erwägen. Oft finden sich dadurch Ideen, um Pflegekräfte zu entlasten, Aufgaben zu verlagern und eine bessere Balance zu finden. Im Idealfall sollte auf die individuelle Situation und die Kapazitäten jeder Fachkraft Rücksicht genommen werden. Sei es durch eine tägliche Optimierung des Dienstplans, das Abgeben bestimmter Tätigkeiten oder ähnliche Veränderungen – jede gut durchdachte Handlung kann die Effizienz steigern und entlastend wirken.

Seine Grenzen kennen

Die PDL rät dazu, sich selbst nicht zu übernehmen, sondern seine Grenzen zu kennen und zu artikulieren. Sie empfiehlt sich zu fragen, ob man mit der momentanen Situation auf Dauer gut umgehen kann. Sei dies nicht der Fall, lohne es sich, über weitere Schritte im Arbeitsleben nachzudenken. Etwa die Arbeitszeit zu reduzieren oder freie Tage am Stück nehmen.

Sind Vorgesetzte und Personalleitung verschlossen für Gespräche, Vorschläge oder Kompromisse, sollte jede Pflegekraft so frei sein und überlegen, ob sie in einem anderen Haus besser aufgehoben wäre.

Gutes Recruiting

Auch im Seniorenzentrum Bethel versucht die Dienstleitung neues Personal zu mobilisieren. Ein Ansatz ist ein verbessertes Marketing und eine zielgerichtete Kommunikation. Insbesondere junge Menschen sollen motiviert werden, in die Altenpflege zu gehen. Das kann etwa durch persönliche Empfehlungen oder Besuche an Schulen geschehen. Viele Häuser greifen zu einer weiteren Option, um den Personalmangel zu entschärfen. Sie stellen geringer qualifizierte Assistenzkräfte ein, wie den Altenpflegehelfer. Das kann akuten Problemen der Personalausstattung entgegenwirken. Außerdem lassen sich Pflegehelfer oft mit Unterstützung der Arbeitsagentur zu examinierten Altenpflegern qualifizieren. Das wiederum gelingt sogar bei langjährigen Hilfskräften.

Gründe des Personalmangels

Viele stellen sich die Frage, wie es zu diesem Personalmangel kommen konnte. „Es sind mehrere Faktoren, die den Mangel begründen: Das Gehalt und Arbeitsbedingungen stehen dabei im Vordergrund“, meint Schopf. „Fachkräfte arbeiten bei einer 30 bis 40 Prozent Stelle, oft 50 Prozent oder sogar noch mehr“, wird die PDL deutlich. Auch am Image des Berufs müsse sich etwas ändern, da viele Menschen die Arbeit falsch einschätzen. Man sollte Altenpflege so darstellen wie sie ist: „Einer der wertvollsten und wichtigsten Berufe der Gesellschaft“, betont Schopf.

Neben diesen Gründen kommen noch individuelle Faktoren, wie gesundheitliche Probleme hinzu oder die Tendenz auf einen Bürojob umzusatteln. Viele ältere Mitarbeiter gehen zudem frühzeitig in Rente.

Veränderung ist angesagt

Aber was muss passieren, damit Personalmangel zurückgeht, offene Stellen besetzt und Fachkräfte entlastet werden?

Der Präsident des Arbeitgeberverband Pflege, Thomas Greiner, findet, dass sich „Mangel an Pflegefachkräften (…) eher durch Kreativität, Sachverstand und Pragmatismus in den Griff kriegen“ lässt, statt durch dramatische Appelle. 

Denn neben politischen Handlungen sind kooperative Beziehungen und Kreativität des Personalmanagements gefragt: „Mütter, die in der Altenpflege arbeiten, sollten durch Kooperationen mit Kitas und Kindergärten, entlastet werden“, liefert Schopf ein Beispiel. Effektiv seien auch individuelle Ansätze, die ins Arbeitsleben implementiert werden können. Beispielsweise wenn die Fachkraft einen besonders effektiven Weg zum Medikamente richten findet und dieser in den Ablauf eingebaut wird. Im Allgemeinen gilt: Wer sein Personal kennt, kann dessen Fähigkeiten besser einsetzen. All diese Schritte helfen dabei, den Arbeitsalltag für die Pflegekräfte zu verbessern.

Leave a Reply