Mit Rumpelstilzchen und Co. gegen die Vergesslichkeit: Professionell vorgelesene Märchen können nach Studien der zurückliegenden neun Jahre einen positiven Einfluss auf dementiell Erkrankte haben. Wie das Vorlesen Senioren aktiviert, zeigt sich durch die Erkenntnisse des Projektes „Es war einmal…MÄRCHEN UND DEMENZ“.
„Es war einmal…“: Studie zur Wirkung von Märchen auf Senioren
„Es war einmal…“ – Mit diesem Satz verbinden Jung und Alt die Geschichten der Brüder Grimm. Die Floskel knüpft sich an unsere frühsten Kindheitserinnerungen, etwa das Vorlesen von Papa beim Schlafengehen oder das Lesen üben mit Oma im Garten. Somit wird das Thema „Märchen“ für die Erinnerungsarbeit mit Senioren interessant. „Seit 2012 beschäftigen wir uns mit dem Thema Märchen und Demenz“, so Silke Fischer, Geschäftsführerin von „Märchenland“, im Aufklärungsvideo zum Projekt. Märchenland hat vier Jahre lang im Auftrag des Bundesfamilienministeriums eine Studie namens „Es war einmal…MÄRCHEN UND DEMENZ“ durchgeführt. Dabei erforscht das Team unter Fischer, wie sich professionelles, regelmäßiges Märchenerzählen auf dementiell veränderte Senioren auswirkt. Seitdem setzt Märchenland das von der Pflegekasse finanzierte Projekt deutschlandweit in Senioreneinrichtungen um und bildet zusätzlich Pflege- und Betreuungspersonal zu Märchenvorlesern weiter.
Märchen als Therapie: Mit allen Sinnen erfahren
Die Märchentherapie für dementiell Veränderte setzt auf die gleichzeitige Anregung mehrere Sinne. Dafür kommen die Demenzerzähler im goldenen Mantel regelmäßig in die Altenheime und lesen aus einem 300-seitigen Buch vor. Das Ziel der Vorlesestunde ist nicht nur zuhören. Ganz nach dem Motto „Sehen – Hören – Malen – Spielen“ können die gehörten Märchen durch Memorys oder Ausmalbilder nachbehandelt werden. Quasi, Märchen mit allen Sinnen erfahren. „Beim Schneewittchen gibt es ein Memory-Spiel, eine Audio-CD und einen Spielfilm. Komplementiert wird das Ganze durch ein sehr schönes Buch zum Vorlesen. Und für alle Seniorinnen und Senioren, die gerne malen, gibt es Ausmalblätter“, so Fischer.
In der Pandemie hat Märchenland das Projekt noch einmal optimiert, sodass es auch aus der Ferne funktionieren kann. Alles, was Senioreneinrichtungen dann benötigen, sind acht Sticks mit aufgenommenen Märchengeschichten, sowie den passenden Boxen zur Ver- und Bearbeitung der Geschichten. Die virtuelle Märchenstunde findet, wie gewohnt, einmal wöchentlich in Kleingruppen statt. An der Vorgehensweise und der Wirkung auf die Senioren verändert sich nichts.
Ergebnisse: Mit Märchen gegen Demenz?
Die Ergebnisse sprechen für sich. Das regelmäßige Vorlesen bekannter Geschichten – von Schneewittchen, über Frau Holle bis hin zur goldenen Gans – bringt einen Wohlfühl-Faktor mit sich. „Über die Hälfte beteiligten sich aktiv an der Intervention, mehr als zwei Drittel erleben die Veranstaltung erkennbar als positiv“, heißt es in der Auswertung der Studie. Die oft apathischen, zurückgezogenen Demenzkranken interagieren aktiv und mit Freude. „Unruhe und ängstliche Besorgnis sind minimiert. Aggressionen sind nicht zu beobachten“, steht im Abschlussbericht.
„Die Maßnahme bewirkt zum Beispiel die Stärkung kognitiver Fähigkeiten“, so die Geschäftsführerin von „Märchenland“. Übertragen auf die dementiell erkrankten Senioren bedeutet das: Märchen können mental fördern und bei psychischer Belastung eine wohltuende Abwechslung darstellen. Das Lesen unterstützt die Gemeinschaft sowie soziale Interaktionen. Diese vernachlässigen dementiell Veränderte unbewusst. Somit können die Geschichten sogar Vereinsamung und Depression vorbeugen.
„Märchen sind keine Wunderheiler, doch sie ermöglichen einen niedrigschwelligen und emotionalen Zugang“, steht in dem Abschlussbericht der Studie. Kurz gesagt: Märchen heilen Demenz nicht. Aber sie helfen für einen kurzen Moment bei der Symptomlinderung der Volkskrankheit. So führen die Geschichten dazu, dass die Zuhörer sich an Textformeln erinnern und diese mitsprechen. Oder sich an Situationen erinnern, die mit den Märchen zusammenhängen. Durch Kommentare, wie „Genauso, wie ich das erzählt bekommen habe von meinem Papa früher“ oder „Ich habe das meinen Geschwistern vorgelesen“, machen die dementiell erkrankten Studienteilnehmer aktiv auf ihr Erinnern aufmerksam. Die damit verbundenen Gefühle lösen Geborgenheit und Wohlbefinden aus. „Man sieht es an den Gesichtern, dem Lächeln und den Augen“, berichtet eine an der Studie mitwirkende Fachkraft.
Petra Riedel-Zapp
Sehr interessant!!
KILINC
Das war sehr sehr für mich interessant. Erinnert an Kinderheitsgeschichten und Erinnerungen von Demenz – Patianten. Und Sie werden glücklick.