Autor Tom Borg sagt, dass die traurigste Distanz zwischen zwei Menschen Missverstehen ist. Tatsächlich sind Missverständnisse in der Kommunikation die Problemverursacher schlechthin. Manchmal kommt es auf den Inhalt der Worte an, manchmal auf die Art und Weise wie sie gesprochen werden und manchmal hängt es an non-verbaler Verständigung.
Für Pflegende und Gepflegte wird Kommunikation durch knappe Zeit oder generationsbedingte Unterschiede zusätzlich erschwert. Deswegen zeigen wir wie sich Fachkräfte trotz Hürden gut mit Bewohnern verständigen können:
Über Sprache in der Kommunikation Einfluss nehmen
Sandra Mantz hat viele Jahre als Stationsleitung in der Altenpflege gearbeitet. Mittlerweile hat sie eine Akademie gegründet und trainiert Sprachkompetenz. Sie bewegt Pfleger, Kommunikation zu hinterfragen und zu verbessern. Fachkräfte sprechen viel und der Beruf könnte gar nicht ausgeübt werden, ohne zu sprechen. Die Sprache wird zur Profession, verdeutlicht die Expertin. Wer redet, nimmt Einfluss auf Dinge. Neben dem Ruf des Hauses, sich selbst, dem Berufsimage, Familie und Angehörige, listet die Kommunikationsexpertin Punkte auf, inwiefern Sprache Pflege beeinflusst.
Menschlichkeit vermitteln
„Würde und Menschlichkeit“ – weitere Punkte, die Einfluss nehmen – sind konkret, da sie Heimbewohner persönlich betreffen. Jeder möchte menschlich und mit Würde behandelt werden, das ist klar. Aber was bedeutet das und wie geht es? „Geduldig, nachsichtig, sehr persönlich, verständlich, informativ, beratend, motivierend, schlichtend, einfühlsam – alles was das Mensch sein ausmacht“, verdeutlicht Mantz.
Kompetenz oder Professionalität beginnen in der Kommunikation, wenn Pfleger mit Menschen, die sich schlecht benehmen, gut kommunizieren können. Wenn die Pflegekraft es schafft, dem Bewohner das Gefühl zu vermitteln, menschlich gesehen zu werden, dann beruhigt er sich eher. Die Trainerin rät dazu, aktiv zu üben. „Denn keiner wird zum Profi, wenn er nur etwas weiß“. Als Beispiel nennt sie kommunikative Rollenspiele. Mittlerweile gibt es auch viele Schulungen, die weiterhelfen können.
Altenpflegerin Anette Jersak erzählt aus Erfahrung: „Es gibt schwierige Bewohner und viele sind in beklemmender Lage. Wir sollten sie annehmen wie sie sind“. Mantz bringt es auf den Punkt: „Wenn wir – die Pflegenden – nicht emphatisch sind, wer denn dann?“
Sprache in der Kommunikation reflektieren
Achtsamkeit beim Sprechen fängt mit der Reflexion an. Oft verärgern und provozieren wir, ohne es zu merken. Vor allem wenn es schnell gehen muss – und das ist in der Pflege oft der Fall, verdeutlicht Jersak. Mantz erklärt, dass wir das nicht bewusst machen, „sondern weil Sprache in unserem Berufsfeld inzwischen so kühl, nötig und reduziert ist, dass der Mensch kaum darin vorkommt“. Für die Trainerin ist diese Erkenntnis der Schlüssel. Bevor Fachkräfte den Ärger haben, könnten sie einiges tun, damit er nicht entsteht.
Praktische Sätze
Altenpfleger sollten das Wort „müssen“ vermeiden, wenn sie mit Bewohnern sprechen. Mantz erklärt, dass Menschen – zu Recht – irgendwann trotzig werden, wenn sie immer etwas müssen. Phrasen wie „könnten Sie“ oder „würden Sie“ zu verwenden sei hilfreicher für eine gute Kommunikation. So können Bewohner ihre Selbstbestimmung leben und fühlten sich nicht wie eine Aufgabe, die sie noch machen müssen.
Auch können sich Pfleger fragen: Sind meine Sätze problem- oder lösungsorientiert? Die Aussage „Ich ziehe Ihnen die Jacke an, damit Ihnen nicht kalt wird“ spielt das Problem an (Kälte). Wohingegen „Ich ziehe Ihnen die Jacke an, dann bleibt Ihnen schön warm“ sich an der Lösung orientiert. Der erste Satz lässt den Senior an die Kälte denken und weckt möglicherweise Bedenken, wohingegen der zweite Satz Fürsorge zuspricht.
Klarheit schaffen
Gute Kommunikation bringt Klarheit zwischen Pflegekraft und Bewohner. Menschen können mit vielem gut umgehen, nicht aber mit irritierenden Aussagen oder wenn sie das Gefühl haben, nicht ernst genommen zu werden. Aussagen wie „Ich komme gleich“, „das dauert nur kurz“, „einen Augenblick“ etc. gehören zu diesen irritierenden Aussagen.
Der Rat lautet: „Versuchen Sie zu erklären, worauf der Gepflegte sich einstellen soll“. Wenn Pflegende nicht sicher sind, wie lange etwas dauert, nennen Sie besser keine Zeit, sondern Handlungsabläufe. Zum Beispiel: „Ich habe noch ein Telefonat und dann komme ich zu Ihnen“ oder „Nachdem ich die Papiere ins Büro gebracht habe, kann ich mich um Ihr Anliegen kümmern“. Wer das praktisch umsetze, werde staunen wie geduldig Menschen sein können, motiviert die Expertin.
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