- Mangelnde Beratung
Häusliche Pflege ist anstrengend. Oft sind Angehörige überfordert und besitzen kaum Basiswissen. Pflegende Angehörige sollten sich daher nicht scheuen, Hilfe zu holen. Unterstützung vor Ort bieten etwa die ambulanten Pflegedienste.
Beim Umlagern oder Waschen von Bettlägerigen werden laut Petra Schopper in der Anfangsphase häufig Fehler gemacht. „Genau hier können wir mit Professionalität und Wissen unterstützen“, erklärt die Pflegedienstleiterin des ambulanten Dienstes im Seniorenwohnen München/Kiefergarten. Angehörige scheuen sich oftmals, Hilfe in Anspruch zu nehmen, weil Sie diese nicht dauerhaft benötigen oder Angst haben, ihren Pflegegrad zu verlieren. „Ob Unterstützung in der Anfangsphase oder langfristige Betreuung, wir sehen den Menschen und ergänzen, wo nötig.“ Die Kosten für den Beratungseinsatz trägt übrigens die Pflegeversicherung.
Wichtig zu wissen: Wer Pflegegeld bezieht und nicht auf ambulante Pflege zurückgreift ist gesetzlich verpflichtet, sich beraten zu lassen. Und zwar ab Pflegegrad zwei halbjährlich und ab Pflegegrad vier vierteljährlich. Diese Beratung muss eine von der Pflegekasse anerkannte Fachkraft machen.
- Barrieren und Hindernisse
Ist entschieden einen Angehörigen Zuhause zu pflegen, empfiehlt es sich, die Wohnung auf Hindernisse zu prüfen. Diese können Stolperfallen wie Teppichkanten, Türschwellen und glatte Fußböden sein oder fehlende Handgriffe im Innen und Außenbereich. Auch hier berät der ambulante Dienst kostenlos vor Ort. „Weil alte Menschen an ihrer vertrauten Wohnung hängen, zögern sie das Umgestalten dieser oder das Ändern alter Gewohnheiten oft lange hinaus“, erklärt Altenpflegerin Petra Schopper.
Das alte Bett oder Sofa zu ersetzen, mag schwerfallen. Doch moderne Pflegebetten mit Funktionen wie eine Aufstehhilfe oder eine Nachtlichtautomatik bieten ein großes Plus an Sicherheit und Komfort. Oft haben Sessel und Stühle keine optimale Aufstehhöhe und es fällt schwer, nach längerem Sitzen sicher in die Senkrechte zu kommen. Deshalb lohnt es sich, über mögliche Alternativen informiert zu sein. „Wer frühzeitig zweckmäßig umgestaltet, bleibt länger mobil“, sagt Schopper. Umbauten, die eine Barrierefreiheit garantieren, wie ein Treppenlift oder eine Badrenovierung, unterstützt die Pflegekasse mit bis zu 4000 Euro.
- Falscher Pflegegrad
Pflegebedürftige und Angehörige sollten sich frühzeitig um die richtige Einstufung kümmern. Gerade, wenn sich die Gesundheit verschlechtert, ist es sinnvoll, erneut ein Gutachten zu beauftragen, um ideal versorgen zu können. Die Pflegegrade eins bis fünf ersetzen seit Januar 2017 die Pflegestufen eins bis drei. Es gilt nicht mehr der zeitliche Aufwand für die Pflege als Kriterium, sondern der Grad der Selbstständigkeit, dabei werden sechs Lebensbereiche betrachtet und Fragen wie diese gestellt:
- Mobilität: Wie beweglich ist die betroffene Person, kann sie sich selbständig fortbewegen? Alleine aufstehen?
- Kognitive und kommunikative Fähigkeiten: Werden nahe Angehörige erkannt und findet sich die Person in ihrer Umgebung zurecht? Kann sie ihre Kleidung entsprechend dem Wetter wählen? Ihren Tagesablauf bewusst gestalten?
- Verhaltensweisen und psychische Probleme: Wie gut wird pflegerische Hilfe angenommen? Leidet der Betroffene unter Wahnvorstellungen oder Aggressionen?
- Selbstversorgung: Wie viel der täglichen Aufgaben, wie einkaufen, kochen oder Körperhygiene, können selbständig erledigt werden? Hat die betroffene Person Überblick über Termine und alltägliche Verpflichtungen?
- Krankheitsbedingten Anforderungen: Werden ärztlich verordnete Maßnahmen selbständig umgesetzt? Wenn nicht, wie häufig ist Hilfe erforderlich?
- Alltagslebens und soziale Kontakte: Kann die betroffene Person den Kontakt zu Familie und Freunden eigenständig pflegen? Kann sie alleine telefonieren oder das Haus verlassen, Termine und Verabredungen einhalten?
- Überlastung und Isolation
Pflegende Angehörige haben deutlich weniger freie Zeit. Zwischen Job, Familie und Pflege bleibt meist wenig Raum für Erholung. Auf Dauer dieser persönlichen Belastung standzuhalten, kann nur, wer in gesundem Maße Zeit für sich beansprucht, Urlaub macht und Abstand gewinnt. Wer kurzfristig eine Vertretung braucht – für ein paar Stunden, Tage oder Wochen, weil Termine anstehen oder wer wegen Krankheit ausfällt – kann auf Verhinderungspflege zurückgreifen. Ab Pflegegrad zwei bezahlt die Pflegekasse jährlich hierfür 1612 Euro. Antrag und Erstattung der Kosten für eine stellvertretende Pflegekraft oder den ambulanten Dienst sind rückwirkend für bis zu sechs Wochen möglich. Pflegende fühlen sich oft sozial isoliert. Besonders Ehepartner nennen den Zustand ihres Gatten als Grund, keine Verwandten, Freunde oder Nachbarn mehr einzuladen. Dabei sind vor allem für Betroffene soziale Kontakte wichtige Stützen, um Lebensqualität zu erhalten.
- Vorsorge und Hilfsmitteln
Mit Ende 40 schon an Pflege denken, mag absurd klingen. Wenn es darum geht, das Bad zu renovieren oder ob ins Treppenhaus ein Lift eingebaut wird, macht es Sinn, schon früh an später zu denken. Auch eine Patientenverfügung oder eine Vorsorgevollmacht sind wichtig, wenn plötzlich der Ernstfall eintritt. „Das erleben wir sehr oft“, erzählt Schopper, die auf 28 Jahre Pflegeerfahrung zurückblickt. Solche Fälle landen im schlimmsten Fall vor dem Betreuungsgericht. „Es muss niemandem peinlich sein, schon früh Hilfsmittel in Anspruch zu nehmen“, ermutigt die Altenpflegerin. Vielmehr gilt: Wer früher unterstützt, bleibt länger mobil und selbstständig. Ob Gehstock, Rollator, Lift oder ein Hausnotrufsystem, Geld für technische Hilfsmittel kann ohne ärztliche Verordnung direkt bei der Pflegekasse beantragt werden. Zusätzlich stehen 40 Euro monatlich für Pflegehilfsmittel wie Betteinlagen oder Einmalhandschuhe zu Verfügung.