Einrichtungsleiter Christoph Häfele spricht über den richtigen Zeitpunkt, um in betreutes Wohnen umzuziehen.
„Die meisten sind zu spät dran“, sagt der 40-jährige, gelernte Altenpfleger über den richtigen Zeitpunkt, um in betreutes Wohnen umzuziehen. Der gesellschaftliche Trend, immer länger (allein) in den eigenen vier Wänden leben zu wollen, befeuert diese Tendenz.
Für rüstige Rentnerinnen, die sich selbst versorgen können, sei das Leben in der eigenen Wohnung auch gut möglich, so Häfele. Doch der Chef eines Pflegeheims in Bad Reichenhall beobachtet, dass viele Anwärter zu lange warten, bis sie sich um eine Seniorenwohnung kümmern.
Knappes Angebot, hohe Nachfrage
Ein Anzeichen für einen guten Zeitpunkt umzuziehen, ist, wenn der Alltag nicht mehr allein zu bewältigen ist. „Wer aufhört, für sich zu kochen oder keine Einkäufe mehr tätigen kann, sollte spätestens jetzt ins betreute Wohnen wechseln“, sagt Häfele. Denn auf erste Anzeichen folge oft eine gesundheitliche Verschlechterung. Die Menschen leben dann zwar zuhause, aber isoliert vom Umfeld. „Wenn keine Familie in der Nähe oder nachbarschaftliche Hilfe da ist, werden viele schnell depressiv und immobil“, verdeutlicht Häfele.
Und es kommt noch ein weiterer Punkt dazu: Die Anzahl an betreuten Wohnungen ist knapp. Deshalb müssen sich Ältere oftmals um eine solche Wohnform regelrecht bewerben. Macht dann die Betroffene einen schlechten körperlichen oder geistigen Eindruck, vergeben Träger freie Wohnfläche eher an Menschen, die noch fitter sind. Hinzu kommen lange Wartelisten. Beispiel Bad Reichenhall: Für 85 Wohnungen gibt es doppelt so viele Bewerber. Manche warten zudem mehrere Jahre auf eine Zusage.
Mit Renteneintritt Wohnung suchen
Häfele berichtet deshalb von einer langjährigen Mitarbeiterin, die mit dem Renteneintritt ihren Antrag auf eine betreute Wohnung gestellt hat. Wer mit dem Erreichen des 65. Lebensjahrs handelt, verhält sich vorausschauend klug. Wer hingegen wartet, bis das Alleinleben schwierig wird, ist zu spät dran. Häfele verweist darauf, was im betreuten Wohnen möglich ist. „Wir hatten eine 85-jährige Bewohnerin, die nach einem Suizidversuch bei uns einzog“. Im Haus lernte sie einen Herrn im gleichen Alter kennen. Die beiden Rentner verliebten sich ineinander. „Wir hatten das volle Programm, inklusive Schmetterlinge im Bauch“, so der Einrichtungsleiter.
Was diese Episode zeigt ist, dass viele Menschen wieder einen Lebenswillen entfachen. „Wer in betreutes Wohnen zieht, lebt besser“, sagt Häfele – und könne sogar länger leben. Denn dort ist selbständiges Leben gut möglich und kann punktuell unterstützt werden. Wer die Wohnung sauber hält und sich einmal die Woche nass den Boden wischen lassen will, kann das genauso bestellen, wie zweimal pro Woche ein Mittagsmenü. Denn die Infrastruktur ist da und muss nicht mühsam installiert werden.
Lage und Service entscheiden
Hierzu zählt auch, dass rund um die Uhr eine Fachkraft für Notfälle im Haus ist. Dieser 24/7-Service bietet Sicherheit und sei für viele Suchende, der entscheidende Grund, sich für einen Umzug in betreutes Wohnen zu entscheiden, berichtet Häfele. „Das macht ein gutes Angebot aus“. Hierzu zähle auch, dass der ambulante Dienst ebenfalls im Haus ist – und Bewohner sich diesen nicht selbst organisieren müssen.
Wichtig sei zudem, dass die Einrichtung möglichst zentral gelegen ist, findet Häfele. Möglichst nah an einer Fußgängerzone und unweit ärztlicher Versorgung. Es gibt Häuser, die verleihen Rollatoren und E-Scooter. Damit ist Mobilität ums Haus herum gewährleistet. Wer sich hingegen für eine Wohnung am Feldrand entscheide, könne oft weniger spontan am gesellschaftlichen Leben teilhaben.
Einen Tipp hat der erfahrene Einrichtungsleiter auch für Ehepaare. Wenn einer aus dem Gespann pflegebedürftig wird, sollten beide umziehen. Denn Pflege zuhause kann extrem anspruchsvoll sein. Etliche der vermeintlich fitteren Partner vergessen auf sich zu achten und brennen aus. „Wir erleben immer wieder, dass der zuerst pflegebedürftige Ehepartner den fitten überlebt“, so Häfele.