Generationen verbinden

Jugendliche helfen Senioren und Kinder erfreuen Menschen, die im Altenheim leben. Beim Verbinden von Generationen werden Jung und Alt gezielt miteinander in Kontakt gebracht. Davon profitieren beide Seiten – und die Gesellschaft, wie drei Beispiele zeigen.

Zwei Jugendliche streichen mit dem Hausmeister die Wände im Hoefelmayrpark. Die Bewohner schauen gespannt zu. Möglich ist das, weil das BRK-Haus mit der KJF Soziale Angebote Allgäu kooperiert. „Wir sind Nachbarn“, sagt Bernhard Zwick, Leiter des Bereichs Ausbildung und Beruf im Haus St. Georg. Nur durch eine Grünanlage getrennt, liegt der Gedanke einer Zusammenarbeit nah. So setzt sich Zwick mit BRK-Einrichtungsleiter Sven Jöckertitz zusammen, um gemeinsame Projekte zu entwickeln.

Realitätsnahe Ausbildung

Seitdem sind einige der 70 Jugendlichen mit Reha- oder Förderbedarf immer wieder Gast im Seniorenwohnen. „Wir haben es geschafft, unseren Sozialraum zu vernetzen“, freut sich Zwick. Die 16- bis 25-Jährigen, die in seinem Haus eine Ausbildung absolvieren, assistieren den Senioren regelmäßig. „Egal, ob als Maler, Gartenbauer, Hauswirtschafter, Pfleger oder Friseur. Nicht zuletzt mit unseren Ausbildungsberufen können wir dem Seniorenwohnen helfen. Und dazu eine realitätsnahe Ausbildung ermöglichen“, sagt der Pädagoge.

So unterstützen die Pflege-Azubis hauswirtschaftlich in der Tagespflege und bei der Körperpflege der Senioren. Die angehenden Friseure bieten Haarschnitte inklusive Abholservice an. „Auch mit den handwerklichen Tätigkeiten stehen wir dem Seniorenwohnen zur Seite“, sagt Zwick. So begleiten die Azubis den Hausmeister bei seinen Aufgaben und streichen gemeinsam Mauern und Wände.

Lebensfreude und frischer Wind

Für die Senioren ist die Unterstützung der Jugendlichen eine gern gesehene Abwechslung. Außerdem dürfen die Bewohner das Haus der Jugendlichen besuchen und in der Werkstatt mitwerkeln. Generationen verbinden sich so ganz natürlich. Zwick findet, er habe die Jugendlichen, die kognitiv eingeschränkt oder psychisch auffällig sind, in der direkten Arbeit mit den Senioren ruhiger und empathischer erlebt. „Wiederrum bringen die jungen Leute unseren Bewohnenden Lebensfreude und frischen Wind“, fügt Jöckertitz bei.

Szenenwechsel. Seniorenhände huschen über Tablets, vereinzelt ist leises Kichern zu hören. Und immer wieder ein „Aha!“. In Attendorn im Kreis Olpe (NRW) sitzen zweidutzend Alte und Junge im Seminarraum. An mehreren Tischen finden sich ein, zwei Senioren und jeweils ein Jugendlicher. Gemeinsam schauen sie auf kleine Bildschirme. Die Stimmung im Raum ist locker, aber trotzdem konzentriert. Denn hier wird Wissen vermittelt. In diesem Fall allerdings lehren nicht Erwachsene die Jugend, sondern andersherum.

Digital im Alter

Im Projekt Digital im Alter schulen junge Leute die Älteren im Umgang mit Handy und Tablet. Initiativen wie diese gibt es inzwischen einige in Deutschland. In Attendorn wollen Jugendparlament und Seniorenrat die Kluft zwischen Jung und Alt überbrücken und die Generationen verbinden. Die Idee der Brücke ist, Senioren einen sicheren Umgang mit technischen Geräten beizubringen. Dafür üben die Rentner an Leihtablets, welche die Stiftung Digitale Chancen bereitstellt. Und die Jugendlichen helfen freiwillig mit.

Am Ende des Kurses sind beide Seiten begeistert über den Austausch. Denn es geht in Seminaren dieser Art längst nicht nur um Apps und Computer. Sondern um generationenübergreifende Gespräche. Manchmal geht es auch um die Reflektion des eigenen Handelns. Etwa, wenn Senioren berichten, wie das Leben früher ohne Handys war. Und die jungen Leute sich fragen, wie intensiv sie soziale Medien nutzen – und ob das gesund ist.

Aber nicht nur Jugendliche können das Leben von Senioren bereichern. In Neuendettelsau (Kreis Ansbach) wirbeln Kinder wild durch den Wohnpark für Senioren. Die Vorfreude ist groß, denn die Kleinen wollen einer Bewohnerin einen Geburtstagsgruß singen. Oma Erna feiert ihren 90-sten. Neben den Kindern aus der Kita Bunte Oase sind viele Gäste da. Es gibt Kaffee und Kuchen. Als die Kleinen trällern und mit den Gästen beten, ist es andächtig ruhig im ganzen Haus.

Nachahmung ausdrücklich erwünscht

Wenn Kinder Senioren besuchen, geht es nur vordergründig ums Singen, Spielen und Feiern. Projekte wie das von Diakoneo in Neuendettelsau haben einen tieferen Sinn. Denn vielen vermeintlichen Omas und Opas in den Heimen fehlt im wahren Leben der Kontakt zu den Enkeln. Diese wohnen mitunter weit weg oder es gibt sie gar nicht. Seit Jahren steigt die Zahl der Singlehaushalte in Deutschland. Im Alter sind diese Menschen oft ohne Familienanschluss. Und gleiches gilt für die Kinder, denn selbst wenn Großeltern in der Ferne leben, gibt es oft kaum Kontakt zur alten Generation. Der fehlende Austausch ist zudem ein gesellschaftliches Problem. Denn wenn dieser fehlt, schrumpft das Verständnis für die jeweilige Lebenswelt der anderen Generation. Damit genau das nicht passiert, dafür sorgen die Initiatoren der jeweiligen Projekte und Kooperationen vorbildlich. Nachahmung sei ausdrücklich erwünscht, lässt einer von ihnen wissen.

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